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Wünsche, Gestattungen und Bedingungen im Magstadter Rathaus

Im Magstadter Rathaus ging am 18. September 2008 ein Schreiben des Regierungspräsidiums Nordwürttemberg ein. Die Gemeinde hatte Widerspruch gegen die Entscheidung des Landratsamtes Böblingen eingelegt, weil sie die Schließung der Hölzertalstraße als Ausgleich für den Bau der Osttangente für eine überzogene Maßnahme hält.

Im schönsten Bürokratendeutsch liest man in dem sieben Seiten langen Schreiben: Das Tatbestandsmerkmal, überwiegende öffentliche Belange .... ist danach nur erfüllt, wenn die Erteilung der Befreiung von Schließung und Rückbau der Hölzertalstraße abhängig gemacht wird. Diese Abhängigkeit wird durch das Beifügen einer Bedingung erreicht. Damit "steht und fällt" die Gestattung mit der Erfüllung der Nebenbestimmung.
In einfachem Deutsch: Um die Osttangente zu bekommen, muss die Gemeinde die Hölzertalstraße schließen und renaturieren.

Nun ist das mit Bedingungen so eine Sache. In derselben Gemeinderatssitzung waren bei einem anderen Thema auch Bedingungen das Thema. Der Gemeinderat Peter Müller hatte für die SPD-Fraktion einen Antrag gestellt. Eine der Forderung darin ist: Landratsamt und Regierungspräsidium sollten prüfen, ob sich der Steinbruchverkehr nicht endlich aus dem Ort verbannen ließe, wenn er auf die Route nach Stuttgart über den Ihinger Hof und die inzwischen bestens ausgebaute B 295 geführt würde.

Also noch einmal: Für den Bau der Osttangente wurde eine "Gestattung" abhängig gemacht "durch Beifügen einer Bedingung". Dasselbe hat es aber bei der "Gestattung" der Steinbrucherweiterung im Jahr 2001 auch schon gegeben. Für sie stellte der Gemeinderat in Magstadt vor siebeneinhalb Jahren genau die Bedingung, die heute die SPD in ihrem Antrag aufgreift. Für die Wiederaufnahme des Steinbruchbetriebs war noch eine weitere Genehmigung nötig, also eine "Gestattung", und die kam vom Verband Region Stuttgart. Der Gemeinderat Gerhard Stähle las den Text vor. Der VRS hob die "hohe Belastung der Ortslagen von Magstadt" hervor, er nannte die zur Entlastung geplante Umgehung B 464, fügte aber unmittelbar hinzu, dass "mit deren Realisierung nicht schnell zu rechnen sei." Man kann bei dieser Stelle den Weitblick des VRS nur loben. Der Text fährt fort: "In der Zwischenzeit sind Maßnahmen zur Teilentlastung wichtig". Gemeint waren "freiwillige Vereinbarungen zu Transportrouten" zwischen dem Steinbruchbetrieb und der Gemeinde. Die Firma NSN sei dazu bereit.

Unter diesen Voraussetzungen (Bedingung, Gestattung oder Wunsch?) wurde die Genehmigung erteilt. Die Stellungnahme von Gemeinderat Stähle endete mit den Worten: Geschehen ist nichts. Ich erwarte, dass der Beschluss der Region durchgesetzt wird.

Die Reaktion des Bürgermeisters (Sindelfinger Zeitung vom 2. Oktober 2008) hörte sich so an: Der Beschluss sei "das Papier nicht wert." Er sei nur "ein guter Vorschlag" und weiter "Entscheidend ist, was der Gesetzgeber vorgibt".

Das klingt sehr nach Recht und Ordnung, aber ist es wirklich Aufgabe des Gesetzgebers, wegen eines einzelnen Steinbruchs tätig zu werden? Steinbrüche gibt es viele, und sie arbeiten unter lokal jeweils sehr verschiedenen Bedingungen. Mögliche Belastungen durch Steinbruchbetriebe können aufgrund der vorhandenen Infrastruktur sehr unterschiedlich sein. Ein allgemein gültiges Gesetz kann es dazu nicht geben. Der Gesetzgeber hat aber doch etwas getan. Er hat Genehmigungsabläufe und Genehmigungsorgane vorgesehen, die vor Ort die oft sehr speziellen notwendigen Regelungen prüfen und billigen sollen.

Sind Beschlüsse des Gemeinderats und des Verbands der Region nur gute Vorschläge? Kann man sie als das Papier nicht wert abtun? Warum darf das Regierungspräsidium im Fall der Osttangente eine Bedingung stellen, wenn aber der Verband und der Gemeinderat das tun, ist es das Papier nicht wert?

Da herrscht im hiesigen Bürgermeisteramt schon ein merkwürdiges Amtsverständnis. Man macht da aus einer Bedingung im Gemeinderatsbeschluss einen "Wunsch" (Gemeinderatssitzung vom 19. April 2005 laut Sindelfinger Zeitung vom 21. April 2005). Vom Beschluss des VRS heißt es immerhin, er sei ein guter Vorschlag. "Aber leider nicht mehr" kommentierte der Bürgermeister. Müssen wir nicht über jeden guten Vorschlag froh sein? Es gibt solche doch nicht im Überfluss. Wo kämen wir denn hin, wenn alle guten Vorschläge, um ernsthaft aufgegriffen und umgesetzt zu werden, erst in Gesetzesform gegossen werden müssten?

Kann man daraus Schlüsse ziehen?

Eine ernstzunehmende Instanz ist fürs Rathaus nur das Regierungspräsidium. Dort erteilt man "Gestattungen" zu bestimmten Bedingungen. Der Gemeinderat ist gerade mal für Wünsche gut. Der VRS produziert nur wertloses und überflüssiges Papier. War das die Absicht des Gesetzgebers beim Aufbau der Verwaltungen.

05.10.2008
Arbeitskreis Lebenswertes Magstadt
im Bürgerforum Magstadt e.V.