S60 / Güterzugverkehr

Thema: Bahnlärm, S 60 mit Zusammenhänge
Von Ewald Thoma am 8. Jun. 2004 15:49

Die 4 Bürgervereine, Eltingen, Ezach, Silberberg und die BiGG haben heute eine Pressemitteilung zu dem Thema S60 und Güterzugverkehr veröffentlicht. Der Wortlaut ist wie folgt:

Gemeinsame Pressemitteilung der 4 Leonberger Bürgervereine vom 7.6.2004
Ansprechpartner:
Gerhard Schneider, Friedrich-Haug-Str. 26, 71229 Leonberg, Tel. 07152 997979
Ewald Thoma, Schwabstr. 22, 71229 Leonberg, Tel.: 07152 31027

S 60 - Trojanisches Pferd für Leonberg ?

Die 4 Bürgervereine befürchten erhebliche Nachteile für Leonberger Bürger durch zunehmenden Güterzugverkehr

Die Planungen für die Einrichtung einer neuen S-Bahnlinie zwischen Renningen und Böblingen sind weit fortgeschritten. Mit dem Bau soll bald begonnen werden. Grundsätzlich begrüßen die 4 Leonberger Bürgervereine der Stadtteile Eltingen, Ezach Silberberg und Gartenstadt/Glemstal die Einrichtung dieser neuen S-Bahnstrecke ausdrücklich als wichtige Maßnahme des regionalen Nahverkehrs.

Allerdings hat die derzeit geplante Lösung für die Leonberger Bürger erhebliche Nachteile:

· Die finanzielle Beteiligung des Landkreises und damit auch der Stadt Leonberg ist erheblich und derzeit nicht verkraftbar, zumal befürchtet wird, dass der vom Landkreis (und damit von den Kommunen) zu bezahlende Anteil an den Investitionskosten sich von 15% auf 25 % erhöhen wird. Das erwartete Betriebskostendefizit muss sogar zu 50% vom Landkreis getragen werden.

· Auf der geplanten Strecke soll nicht nur der neue S-Bahnverkehr abgewickelt werden sondern auch der gesamte nationale und internationale Güterverkehr aus dem Raum Stuttgart in Richtung Singen und der Schweiz. Nach der Fertigstellung des Gotthard-Basis-Tunnels in der Schweiz ist diese Strecke sogar neben der Rheintallinie als zweite Zulaufstrecke ausgewiesen. Es gibt entsprechende Vereinbarungen zwischen Deutschland und der Schweiz. Im neuen Bundesverkehrswegeplan wird ausdrücklich darauf verwiesen. Erst kürzlich hat auch die Landesregierung nochmals auf die Bedeutung dieser Strecke verwiesen und den weiteren Ausbau der Strecke in Aussicht gestellt. Es liegt da-her nahe, anzunehmen, dass der sehr aufwendige und teure zweigleisige Ausbau der Strecke nicht durch die Einrichtung einer S-Bahn-Linie sondern aufgrund des Güterzugverkehrs als allgemeine Infrastrukturmaßnahme der Bahn notwendig ist. Die S-Bahn droht somit zum Trojanische Pferd für Güterzüge zu werden.

Diese Güterzugstrecke führt mitten durch Leonberg. Bereits heute stellt dieser Güterzugverkehr vor allem nachts für mehrere Leonberger Stadtteile eine erhebliche Lärmbelastung dar. Teilweise werden aufgrund der ungünstigen Tallage und der vielen engen Kurven Lärmpegel erreicht, die im Bereich der Gesundheitsgefährdung liegen. Eine weitere Verschärfung dieser Situation ist den Bürgern nicht zuzumuten.

Dabei war dies nicht immer so. Die Güterzugstrecke verlief vor dem Bau des S-Bahn-Tunnels in Stuttgart auf der Gäubahnstrecke über Stuttgart West und Vaihingen nach Böblingen. Während des Baus des S-Bahntunnels nach Vaihingen in den 80-er Jahren musste der Güterzugverkehr aufgrund baulicher Engpässe temporär über Leonberg – Renningen umgeleitet werden. Den Anliegern dieser Strecke wurde damals von der Bahn versprochen, dass nach dem Bau des Tunnels der Güterzugverkehr wieder auf die alte Strecke zurückverlagert wird. Dieses Versprechen wurde jedoch niemals eingelöst. Inzwischen soll die Gäubahntrasse im Stadtbereich von Stuttgart im Zuge von Stuttgart 21 sogar stillgelegt werden und das Gelände für ca. 140 Mio € an die Stadt Stuttgart veräußert werden. Somit sehen sich die Leonberger Bürger gleich mehrfach als Verlierer:

· Sie müssen die Belastungen durch den zusätzlichen Bahnverkehr ertragen: Ein Lärmschutz ist – im Gegensatz zur Neubaustrecke zwischen Renningen und Böblingen - nicht vorgesehen

· Sie müssen über die Kreisumlage einen erheblichen Teil des Landkreisanteils an den Gesamtkosten und den jährlichen Betriebskosten bezahlen

· Sie müssen als Steuerzahler eine allgemeine Infrastrukturstruktur der Bahn mitbezahlen, die mit großer Wahrscheinlichkeit in dieser Dimension nicht unbedingt notwendig ist. Die Investitionskosten betragen nach letzten Informationen in der Presse inzwischen mehr als 90 Mio €.

Die 4 Bürgervereine sind der Ansicht, dass angesichts der leeren öffentlichen Kassen und der äußerst knappen Mittel im Verkehrsbereich alle Möglichkeiten genutzt werden sollten, vorhandene Infrastrukturen optimal zu nutzen. Die derzeitigen Finanzierungsprobleme der

S 60 sollten dafür genutzt werden, alternative Vorgehensweisen zu prüfen. Wir schlagen dazu folgendes vor:

· Prüfung, inwieweit ein S-Bahnverkehr zwischen Renningen und Böblingen eingleisig bzw. mit minimalem baulichem Zusatzaufwand möglich ist. Dabei sollten auch Serviceeinschränkungen kein Tabu sein, wenn dies bei einer Kosten-Nutzen-Betrachtung sinnvoll ist.

· Berücksichtigung der Variante, dass der Güterzugverkehr auf die Gäubahnstrecke im Stadtbereich von Stuttgart zurückverlagert wird (Einlösung eines entsprechenden Versprechens der Bahn).

· Wenn trotzdem Güterzugverkehr auf der Strecke, die durch Leonberg führt, bestehen bleiben sollte, zumindest Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen an der Bestandsstrecke mit gleicher Wirksamkeit wie bei der Neubaustrecke. Die Mittel dafür können z.B. über den Verkaufspreis der Gäubahntrasse im Zuge von Stuttgart 21 erbracht werden.

Die 4 Bürgervereine haben zu diesem Anliegen bereits seit dem Sommer letzten Jahres Gespräche mit Vertretern des Landes, der Region, des Landkreises und der Stadt Leonberg geführt. Unter anderem ist in diesem Zusammenhang ein ausführlicher Fragenkatalog an die Regionalversammlung entstanden (als Anhang beigefügt). Die Vereine sind dabei auf großes Verständnis gestoßen, allerdings bisher in der Sache nicht weitergekommen. Zuletzt hat sich Oberbürgermeister Schuler –wie den Bürgervereinen bekannt ist- in einem Brief an Landrat Maier und die aus Leonberg stammenden Fraktionsvorsitzenden des Kreistags, Frau Helmes, Herrn Noe und Herrn Pfitzenmaier gewandt.

Vor dem Hintergrund der unmittelbar bevorstehenden Kommunalwahlen setzen die Bürgervereine sehr große Hoffnungen in die neu zu wählenden Kommunalparlamente und rufen alle Fraktionen bzw. Listen auf, ihr Anliegen aktiv zu unterstützen und ihren Standpunkt öffentlich zu erklären.

Anlagen:
Fragenkatalog an die Regionalversammlung
Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 19.4.2004
Pressemitteilung des Verkehrsministeriums vom 27.05.2004
Kostenzusammenstellung für die S 60
Artikel aus der Internetseite der BiGG, www.leobigg.de, dort auch weitere Informationen zu diesem Thema