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Gemeinderatssitzung vom 25. April 2006
Bei der Einführung von Iris Wohlfeil in den Gemeinderat für den ausscheidenden Gemeinderat Dr. Norbert Lenz, hat GMR Wohlfeil sich mit der Diskussionskultur und dem Demokratieverständnis des Gremiums auseinandergesetzt. Dabei ging es um Leitgrundsätze der Entscheidungsfindung, Toleranz, Rechte von „Minderheiten“ und das Recht auf Transparenz und Information.

Da die so genannten „Minderheiten“ aufgrund ihrer Stärke nicht als vernachlässigbar Restgröße anzusehen sind, sollten diese bei weitreichenden Entscheidungen besser integriert und berücksichtigt werden. Welche Folgen eine Missachtung dieses Grundsatzes haben kann, können wir seit Monaten an genügend Beispielen aus dem Inland und dem Ausland in den Medien verfolgen.

In den Printmedien wurde über diesen Vortrag von Frau Wohlfeil mit seinen elementaren Inhalten anlässlich der Gemeinderatssitzung nicht berichtet. Hier deshalb der Text ihres Vortrag, damit sich jeder Bürger in Magstadt selber eine Meinung bilden kann:

Meine Stellungnahme zu meinem Nachrücken in den Gemeinderat

Zum Rücktritt der Gemeinderäte Fleischmann und Lenz wurde geäußert:

„Erreiche ich nicht was ich will, trete ich zurück und mache andere für meinen Rücktritt verantwortlich“.

Kann man Gemeinderäten, die 26 bzw. fast 12 Jahre in diesem Gremium mitgearbeitet haben so etwas vorwerfen? Es gab in dieser Zeit viele Entscheidungen denen sowohl Dr. Lenz als auch H. Fleischmann während ihrer Amtszeit kritisch gegenüber gestanden sind, die sie auch abgelehnt haben. Deswegen sind sie nicht ausgeschieden.

Weiteres Zitat:
„So funktioniert Demokratie nicht, in einer Demokratie hat man die Meinungen anderer zu akzeptieren und zu respektieren „

Der Begriff DEMOKRATIE wird im Duden so erklärt:
Demokratie ist die Herrschaftsform, bei der alle Gewalt beim Volk liegt.

Wesentlichen Prinzipien sind:
Informations- u. Meinungsfreiheit, Möglichkeit zur politischen Gruppenbildung u. Opposition, Entscheidung nach dem Mehrheitsprinzip und Schutz der Minderheiten.

Hier wird gefordert, dass die mehrheitlich getroffenen Entscheidungen von der Minderheit akzeptiert und respektiert und nicht weiter diskutiert werden sollen. Die „Minderheit“ im Gemeinderat, beträgt derzeit bei den wichtigen getroffenen Entscheidungen wie z.B. Verkehrskonzept und Gemeindeentwicklung ca. 40 % des Gremiums.

In der Gemeinde selbst herrschen ähnliche Verhältnisse.
Diese Spaltung der Meinungen kann nicht im Sinne des Bürgermeisters und des Gemeinderates sein.

- Fleischmann wünschte sich mehr Diskussion bei wichtigen Entscheidungen
- Lenz wünschte sich eine offene Diskussionskultur, eine andere Art der Zusammenarbeit
- Beide erhoffen sich durch ihren Rücktritt einen Anstoß, das der Gemeinderat zukünftig besser zusammenarbeitet !

Wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden, dann sollten diese Entscheidungen wieder auf einer breiteren Basis getroffen werden. Wenn die Gemeinde nicht weiter gespalten werden soll, dürfen wir uns auch nicht auf das einfache „Mehrheitsprinzip“ verlassen, sondern müssen zurückkehren zu Sachdiskussionen und zum „Kompromisse finden“. Wir sollten zuerst um eine breite Basis im Gemeinderat ringen. Zukunftsfähige Entscheidungen müssen einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung haben. Die notwendige Zeit für weit reichende Entscheidungen muss sich der Gemeinderat nehmen!

Was sind m. E. erste Schritte zur Verbesserung der Zusammenarbeit?

- Eine Absage an übereilte Entscheidungstermine:
z.B. Entscheidungen zum GEP 2020 im Sommer 2006. Hier haben wir genügend Zeit ausführlich im Gremium und in der Bevölkerung zu diskutieren, so dass eine breite Basis für die Entscheidungen entstehen kann.

Der Zeitdruck bei diesem Thema ist der Bevölkerung nicht vermittelbar.

- Eine ausführliche Diskussion zu Verkehrskonzept und GEP:

Das Verkehrskonzept, muss, in seinem vom Gemeinderat beeinflussbaren Teilen offen und ausführlich diskutiert werden können.

Es hat in 2004 eine Gemeinderatswahl stattgefunden, die die Zusammensetzung im GMR stark verändert hat, Auslöser hierfür war sicher unbestritten das vorher beschlossene Verkehrskonzept. Gemeinderats- u. Bürgermeisterwahlen sind für die Bevölkerung ein Mittel der Willensbekundung und sollten vom Gemeinderat nicht ignoriert werden.

Für das Verkehrskonzept gibt es bis heute keine breite Basis, weder im Gemeinderat noch in der Bevölkerung. Das Verkehrskonzept zu diskutieren und eine breite Basis dafür zu finden, ist entscheidend für die Verbesserung der Zusammenarbeit im Gemeinderat und die Stimmung in der Bevölkerung.

Wir müssen etwas dafür tun, dass der Gemeinderat in der Bevölkerung mehr anerkannt und geachtet wird. Das geht, wenn wir unsere Entscheidungen auf eine breitere Basis stellen. Abwürgen u. Verbieten von wiederkehrenden Diskussionsversuchen helfen da nicht weiter.

Ich hoffe auf offene, ausführliche und sachliche Diskussionen. In diesem Sinne wünsche ich mir eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen meinen neuen Kollegen.

Iris Wohlfeil