Meinungen

18. Mai 2005
Welle Wahnsinn

"Bürger für Magstadt" wollen im Blättle "lokalpolitische Informationen" veröffentlichen dürfen oder "BfM fordern Raum für Gruppierungen im Mitteilungsblatt". So überschreiben die Böblinger bzw. die Sindelfinger Zeitung letzte Woche ihre Artikel zum "Magstadter Mitteilungsblatt".

Die BfM sehen die Informationen von Seiten der Gemeindeverwaltung als zu einseitig an. "Unser Amtsblatt dient auch der Kommunikation zwischen Gemeinderäten und Bürgern, nicht nur zwischen Verwaltung und Bürgern", sagte Gemeinderat Wilfried Kress (BfM) in der Begründung zum Antrag seiner Fraktion. "Was die Verwaltung aus den Gemeinderatssitzungen berichtet, ist uns zu einseitig", betonte Kreß. Die BfM fordert deshalb in ihrem Antrag, "pro Ausgabe eine DIN A5-Seite mit Ankündigungen und Veranstaltungen, Versammlungsberichten und lokalpolitischen Informationen abdrucken zu dürfen". Soweit zum Thema.

Tatsache ist, dass aktuell nur Beschlüsse bekannt gegeben werden, welche gelegentlich mit Anregungen aus dem Gremium ergänzt werden, wenn dieses passt. Das Gremium Gemeinderat wird nach dem Erscheinungsbild als Institution mit Einheitsmeinung im Mitteilungsblatt dargestellt. Über unterschiedliche Meinungen der Räte oder Fraktionen erfährt der Leser nichts. Auch Hintergründe von Minderheitsvoten finden keine Erwähnung. Die Berichterstattung ist so nicht vollständig und einseitig.

Unterverständlich ist deshalb die Meinung von Gemeinderat Harald Kohler (FWV), "Im Mitteilungsblatt soll der Gemeinderat repräsentiert werden, nicht die einzelne Gruppierung. Schon gar nicht auf Gemeindekosten."

Dazu ist folgendes anzumerken:

1.) Der Gemeinderat an sich kann sich nur "repräsentieren", wenn er geschlossen eine Meinung vertritt. Genau das ist aber oft nicht der Fall. Selbst die "Fünf Weisen", welche ihr Gutachten für die Bundesregierung erstellen, sind nicht immer einer Meinung. Bei Abweichung wird neben der Mehrheitsmeinung auch eine vorhandene Minderheitsmeinung mit Begründung im Gutachten veröffentlicht.

2.) Wer das Mitteilungsblatt lesen will, muss es abonnieren. Dafür ist ein Bezugspreis zu entrichten. Wer inseriert, muss für seine Anzeige bezahlen. Welchen finanziellen Beitrag leistet dann noch die Gemeinde? Soweit erkennbar, tragen Abonnenten und Inserenten die Gestehungskosten des Mitteilungsblatts. Sollte das nicht so sein, wäre eine Aufklärung durch die Gemeindeverwaltung wünschenswert.

3.) "Das Amtsblatt gehört nicht zur Meinungspresse", meint zumindest Hauptamtsleiter Hans-Peter Burckhardt, der laut Impressum auch für die Redaktion zeichnet. Der Inhalt des jetzigen Mitteilungsblatts hält dieser Aussage nicht stand. Geben die Gemeinderäte ihre Voten zu Beschlussvorlagen der Verwaltung und zu Anträgen aus den Fraktionen ohne eigene Meinung ab? Wie geht das denn? Die Überschrift zu Gemeinderatssitzungen im Mitteilungsblatt lautet: "Bericht aus der Gemeinderatssitzung vom ...". Besonders wenn keine Einstimmigkeit bei den Beschlüssen vorliegt, findet lediglich eine Bekanntgabe von Mehrheitsbeschlüssen statt. Solche Informationen sind aber unvollständig. Sollte das die Aufgabe des Mitteilungsblatts sein, müssten andere Inhalte ersatzlos entfallen, und die Aufmachung der Inhalte wie beispielsweise beim Bundesgesetzblatt vorgenommen werden. Das Mitteilungsblatt müsste im Volumen erheblich schrumpfen. Das will wahrscheinlich kein Leser, auch wenn sich weitere Inhalte nicht auf amtliche Bekanntgaben und Informationen beziehen.

Man kann es drehen und wenden, die Berichterstattung der Gemeindeverwaltung spiegelt nicht die Meinungsvielfalt und die Diskussionsthemen in den Gemeinderatssitzungen wieder. Die Gemeindeverwaltung nimmt hier quasi, ob gewollt oder ungewollt sei dahingestellt, eine ihren Interessen entsprechende parteiliche Information der Bürger vor. Das kann nicht im Sinne mündiger Bürger sein. Warum überlässt die Verwaltung die Meinungsbildung aufgrund ungefärbter und vollständiger Berichtserstattung nicht dem Leser des Mitteilungsblatts? Falls die Gemeindeverwaltung Probleme mit Kritik und anderen Meinungen im Gemeinderat hat und darüber nicht berichten möchte, dann sollte sie den Fraktionen hierfür Platz im Mitteilungsblatt zur Verfügung stellen. Es bleibt der Gemeindeverwaltung trotzdem unbenommen, ihre eigene Meinung, als solche gekennzeichnet, zum Ausdruck zu bringen. Das wäre dann eine saubere und faire Lösung.