S60 / Güterzugverkehr

Bürgerintressengemeinschaft Gartenstadt/Glemstal e.V., Leserforum im Internet
Posse um die Finanzierung der S 60
von Ewald Thoma am 14. Aug. 2004 12:21

Üble Trickserei’ unterstellt der Sindelfinger Landtagsabgeordnete Braun (SPD) dem Stuttgarter Verkehrsministerium, was natürlich der Verkehrsminister Mappus sofort entschieden zurückweist. Der Streit um die S 60 eskaliert zusehends.

Typisch Politik – der Finanzierungsstreit entzündet sich an einer Formalie und gerät nun fast zur Posse. Was dabei leider verloren geht, ist der Kern der Sache. In Wirklichkeit geht es darum, dass die S 60 in der geplanten Form schlicht und einfach derzeit nicht finanzierbar ist. Und dies nicht nur von Seiten des Landes sondern viel stärker noch von kommunaler Seite. Was offensichtlich in Vergessenheit geraten ist: Ursprünglich war bei der Verbindung zwischen Renningen und Böblingen an ein ’Kreisbähnle’ gedacht worden, welches mit relativ wenig Aufwand realisierbar gewesen wäre. Von einem zweigleisigen Ausbau war überhaupt nicht die Rede. Dann hat sich das Projekt immer mehr vergrössert und hat regionalstrategische Dimensionen erhalten - vor allem auf Betreiben der Region und – was in der Öffentlichkeit bisher nicht diskutiert wurde- wohl auch wegen klarer langfristiger Interessen der Bahn AG bzw. des Bundes u.a. im Zusammenhang mit Stuttgart 21. Inzwischen soll alleine der Investitionsaufwand schon bei weit über 90 Mio € angelangt sein - noch beim entscheidenden Beschluss des Kreistages vom 22.7.2003 wurden die Investitions- und Planungskosten mit 82,5 Mio € angegeben. Die Kosten gehen also immer weiter hoch – ich würde mich nicht wundern, wenn bald von 100 Mio die Rede wäre. Noch schlimmer trifft es die Kommunen bei den Betriebskosten. Das jährliche kalkulierte Defizit von knapp 4 Mio muss zur Hälfte von den Kommunen getragen werden – eine jährliche, völlig untragbare Last und mit dem Risiko behaftet, dass sie vielleicht noch wesentlich höher ist, wenn die Kalkulationsgrundlagen zu optimistisch eingeschätzt wurden.

Solche Lasten sind bei der derzeitigen Finanzlage ganz sicher nicht zu stemmen. Es ist unverantwortlich, solche künftigen Belastungen sehenden Auges in Kauf zu nehmen.

Daher wäre es eigentlich nun dringend geboten, statt sich mit dem Land rumzustreiten, die Notbremse zu ziehen, das Projekt in der bisherigen Form aufzugeben und wieder preisgünstigere Lösungen ins Auge zu fassen. Vielleicht würde mal ein Besuch in der Region Karlsruhe weiterhelfen. Dort fährt man mit Stadtbahnen und es gibt jede Menge eingleisige Strecken mit Taktraten von bis zu 15 Minuten. Warum ist eine solche Alternative noch nicht in Betracht gezogen worden ? Warum muss es unbedingt eine S-Bahn mit ‚Flügelung’ sein. Warum genügt nicht eine einfacher Pendelverkehr zwischen Böblingen und Renningen ? Warum verschafft man sich nicht freie Kapazitäten durch zumindest teilweise Verlegung des Güterverkehrs auf die Stuttgarter Gäubahn? Warum versucht man nicht, vorhanden Infrastrukturen zu optimieren bevor man neu baut ? Alles Fragen, die noch nicht diskutiert wurden – stattdessen will man eine Maximallösung bauen als hätte man immer noch öffentliche Gelder im Überfluss.

So werden wir die finanzielle Krise aller öffentlicher Bereiche niemals in den Griff bekommen ! Es wird Zeit, dass den ständigen Klagen der Regional- und Kommunalpolitiker nun auch konkrete Taten folgen. Einfach so weitermachen wie bisher bedeutet nur eines: ins Verderben zu rennen.

Übrigens gilt die auch für neue Straßenbauvorhaben – auch dort können wir uns die derzeitigen Neubauplanungen eigentlich nicht mehr leisten. Auch dort ist eine Umdenken erforderlich. Aber dies ist ein anderes Thema.